Auf Korsika, ganz am Ende unserer Ferien entscheiden wir uns noch für einen kurzen Wanderausflug zum "Cascade des Anglais". Wir starten von den Parkplätzen vom Col de Vizzavona am Fuss des mächtigen Bergmassivs Monte d'Oro. Ihren Namen haben die "englischen Wasserfälle" von den ersten Touristen, die im Jahr 1889 mit der Erschliessung der Bahnlinie Ajaccio - Vizzavona, in diese entlegene Gegend Korsikas kamen. Die Wasserfälle sind nicht besonders spektakulär, aber reizvoll. Sie fallen in mehreren Stufen hinab und bilden dazwischen immer wieder sehr schönen Gumpen in denen man baden kann. Das habe ich mir nicht nehmen lassen, obwohl das Wasser Ende September schon recht kalt war.
Im wunderbaren Buchenwald begegnen uns 2 Männer in roten Sicherheitswesten. Sie führen 2 Hunde mit sich welche kleine Glöckchen am Halsband tragen. Man hatte sie bereits von Weitem hören können. Ich quatsche die beiden Männern an und sie verraten mir, dass sie ganz oben in den Bergen auf der Wildschweinjagd gewesen sind. Das war interessant, denn ich hatte auf dem Markt in Ajaccio schon nach Wildschwein gesucht, aber lediglich "Porc noir" gefunden. Das ist eine robuste, schwarze Schweinerasse, die auf Korsika halbwild lebt und überall anzutreffen ist. Sie ernährt sich von Kastanien und Eicheln, was ihr Fleisch besonders aromatisch macht; es ist die Basis für berühmte korsische Spezialitäten wie Rohschinken und Trockenfleisch. Die Jäger erklären mir, dass es in Frankreich nicht erlaubt sei, Wildschwein auf dem Markt zu verkaufen. Dann nimmt der eine seinen Rucksack vom Rücken, stellt ihn auf den Boden, öffnet ihn und zieht einen Plastiksack heraus. Er streckt ihn mir mit einem zufriedenen Schmunzeln entgegen und der andere Jäger tut es ihm gleich. Meine Frau und ich sind einfach baff und bedanken uns sehr. Die beiden Männer meinen noch, dass wir das Fleisch erst noch etwas abhangen lassen sollen und es also nicht eile, es zu verarbeiten.
Ich war voller Freude und Erwartung, dass ich mir gar nicht der Konsequenzen bewusst war. Erst nach einer Weile realisieren meine Frau und ich, dass wir auf der Rückreise unserer Ferien sind und das Fleisch noch über die Grenze bringen müssen.
Zu hause angekommen, standen wir vor einer erneuten Herausforderung. Obwohl meine Frau Köchin ist, hat sie es sich nicht zugetraut, die Schweinekeule zu enthäuten und zu zerlegen. Wäre ja extrem schade, das Ganze falsch anzugehen. Sie nimmt das Fleisch mit ins Geschäft, um ihren Chef, der in diesen Dingen mehr Erfahrung hat, um Hilfe zu fragen. Doch wie sie mir nachher berichtet, hat dieser seinen Bruder kommen lassen, der Metzger von Beruf ist. Am Ende hatten wir einen Rollbraten und Fleischwürfel für Ragout. Geschmort im Topf mit Gemüse wie Zwiebeln, Rüebli und Sellerie und viel Wein, ergab das einen riesen Schmaus für die ganze Familie.
Warum erzähle ich das alles?
Weil diese Geschichte zeigt, dass man nicht alles selber tun kann, sondern jeder Mensch Hilfe und vor allem auch Ergänzung benötigt. Selbst Fachleute können nicht alles. Auch sie sind in ihrem Wissen und Können begrenzt. Da kann man noch so gute Voraussetzungen haben. Wer meint, das Leben im Griff zu haben und nicht andere um Rat und Hilfe bitten kann, der wird scheitern.
In machen Bereichen ist das augenfällig z.B. in der Musik. Ich bin ein super Streaming-Musiker. Em, nicht dass ich als Künstler, Musik über Online-Dienste verbreiten würde. Nein, ich habe keine Ahnung vom Spielen von Instrumenten und auch nicht vom Singen. Aber ich kann echt gut Musik streamen. Früher nannte man das einen CD-Player Künstler. Stell Dir vor, ich würde hingehen und Musikern sagen, wie sie ihren Job zu tun hätten. Das käme nicht gut heraus. Noch schlimmer wäre es, wenn ich eine Band übernehmen oder einen Chor, um diesen zu leiten. Das würde einen Aufstand geben.
Nun gibt es aber Bereiche, in denen alle meinen, sie könnten mitreden und wüssten wie es läuft. Auch wenn sie keine blasse Ahnung von der Sache haben. Einmal etwas recherchiert über Google oder einen kleinen Kurs besucht, meint man schon, man sei jetzt Spezialist und müsse seine Meinung allen kundtun.
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